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Presseartikel

Altes Stellwerk öffnet erstmals für Besucher

10.09.2010
von Presse/Internet

Ausstellung erinnert an Rangierbahnhof Hilbersdorf und Gütertransport-Geschichte

Freie Presse

Von Michael Brandenburg

Chemnitz. Zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag ist das ehemalige Befehlsstellwerk 3 des Rangierbahnhofes Chemnitz-Hilbersdorf von 11 bis 17 Uhr erstmals für Besucher zugänglich. Die Mitglieder des Fördervereins Eisenbahnfreunde "Richard Hartmann" haben das Gebäude innerhalb von zehn Monaten saniert und darin eine Ausstellung zur Geschichte des Eisenbahn-Güterverkehrs in Chemnitz eingerichtet. Am Freitag feierten sie mit Stadträten und Vertretern befreundeter Einrichtungen die Einweihung. Ihr nächstes Ziel ist nun der Wiederaufbau eines Teilstücks der früheren Seilablaufanlage des Rangierbahnhofes.

"Diese Seilablaufanlage ist ein technisches Denkmal von europäischem Rang, wenn nicht sogar einmalig in der Welt", erklärte Vereinsvorsitzender Wolfgang Vogel den Gästen. Außer um deren Erhalt wollen sich die Eisenbahnfreunde darum bemühen, die Erinnerung an Chemnitz und Hilbersdorf als wichtige Bahn-Standorte zu erhalten, ergänzte sein Mitstreiter Jochen Schubert. "Allein hier waren 600 Leute im Bahnbetriebswerk, 900 auf dem Rangierbahnhof und 3200 im Reichsbahnausbesserungswerk tätig", zählte er für den Stadtteil auf.

Anfang November vergangenen Jahres hatte der Förderverein das Stellwerk von der Bahn AG gekauft und seitdem mithilfe von Fördermitteln und Spenden in zwei Etappen saniert. Als erstes wurden noch 2009 innerhalb von nur knapp zwei Monaten für mehr als 50.000 Euro die Räume renoviert sowie Elektrik, Heizung und Sanitäranlagen erneuert. Im Mai und Juni folgten als zweite Stufe ein frischer Anstrich für die äußeren Stahlteile und neue Fensterbänke für etwa 20.000 Euro und mit Eigenleistungen in gleicher Höhe, so Vogel.

In dem 43 Meter langen Gebäude haben auch ein Schulungsraum, das Büro des Vereins sowie Räume für kleinere Dauer- und Sonderausstellungen Platz gefunden. Herzstück ist aber das ehemalige Befehlsstellwerk selbst mit den alten Bedienpulten, die im Original erhalten geblieben sind. Von ihnen aus wurden pro Tag bis zu 3000 Güterwagen über den Ablaufberg bewegt. "In der gesamten 60-jährigen Betriebszeit der Seilablaufanlage wurden über 70 Millionen Wagen rangiert. Aneinandergekoppelt hätten sie einen 700.000 Kilometer langen Zug ergeben, der von der Erde zum Mond und zurück gereicht hätte", hat Vogel anhand alter Akten errechnet.

Die einst 46 Kilometer Rangiergleis mit 239 Weichen sind nach der Stilllegung der 25 Hektar großen Anlage demontiert und verschrottet worden. Der Förderverein will zunächst zwei etwa 100 Meter lange Gleise neu verlegen, um darauf Besuchern die Funktionsweise der Seilablaufanlage zeigen zu können. Später könnten die Gleise bis zum etwa 600 Meter entfernten Maschinenhaus der Anlage, das in Höhe des Sächsischen Eisenbahnmuseums steht, verlängert werden. "Die schmalen Gleise, auf denen die Brems-Wagen bewegt wurden, haben wir uns schon von der Dresdner Parkeisenbahn besorgt", berichtete Vogel. Auch 600 Schwellen lägen bereit. "Es fehlen aber noch Schienen für die Regelspur", so der Vereinsvorsitzende. Bis Weihnachten sollen die ersten Gleise verlegt sein. 2014/15, so plant der Verein, soll das gesamte technische Denkmal wieder funktionsfähig sein.

Service

Das Befehlsstellwerk, An der Dresdner Bahnlinie, soll künftig zu Höhepunkten im Eisenbahnmuseum und nach Voranmeldung (Telefon 0371 5308840, E-Mail vowo99@aol.com) zugänglich sein.

Stichwort: Seilablaufanlage

Von 1896 bis 1902 wurde in Hilbersdorf ein Rangier- und Umschlagbahnhof errichtet. Auf dem so genannten Gefällebahnhof wurden die ankommenden Züge auf dem Ablaufberg von der Lok abgekuppelt und dann langsam sechs Ablaufgleise herunter gelassen. Ab 1930 wurde dafür eine Seilablaufanlage eingesetzt, die die zahlreichen Wagenbremser ersetzte. Mit flachen Brems-Wagen, die zwischen den Schienen auf- und abgezogen wurden und aus Sicherheitsgründen ständig "bimmelten", wurden die abrollenden Wagen abgebremst. Scheinwerfer beleuchteten nachts die Anlage.

Im Bereich der damaligen Deutschen Reichsbahn war der Rangierbahnhof Karl-Marx-Stadt-Hilbersdorf hinter Dresden-Friedrichstadt und Erfurt der drittgrößte. Die Seilablaufanlage wurde 1991 stillgelegt und der Rangierbahnhof zum Jahresende 1996 geschlossen. (MIB)

Quelle: http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/TOP-THEMA/Chemnitz-Altes-Stellwerk-oeffnet-erstmals-fuer-Besucher-artikel7470816.php

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