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Presseartikel

Rangierbahnhof bekommt ein Denkmal

03.01.2010
von Presse/Internet

Eisenbahnfreunde haben Hilbersdorfer Stellwerk gekauft und Sanierung begonnen

Freie Presse

Chemnitz. Eines der letzten verbliebenen Wahrzeichen des einst bedeutenden Eisenbahn-Güterverkehrs-Knotens Chemnitz ist gerettet: Der Förderverein Eisenbahnfreunde Richard Hartmann hat Ende 2009 das ehemalige Befehlsstellwerk III, Herzstück des früheren Rangierbahnhofs Hilbersdorf, gekauft. Zusammen mit der nach Vereinsangaben europaweit einmaligen Seilablaufanlage soll es ein technisches Denkmal werden. Die Sanierungsarbeiten haben bereits begonnen.

"Es war höchste Eisenbahn", sagt Vereinsvorsitzender Wolfgang Vogel. Denn überraschend habe die Bahn AG im vergangenen Jahr das gesamte 25 Hektar große Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs zum Verkauf ausgeschrieben. "Das zwang uns, ein Angebot abzugeben", berichtet Vogel. Ermöglicht hätten den Kauf letztlich die Sparkasse, die Stadtwerke und die Untere Denkmalbehörde der Stadt, indem sie die Eisenbahnfreunde bei der Finanzierung des Projektes unterstützten. Insgesamt stünden für den Erwerb der Immobilie und die erste Ausbau-Etappe bisher rund 90.000 Euro an Fördergeld, Spenden und zum geringen Teil Eigenmittel zur Verfügung, berichtet Vogel.

Im Stellwerksgebäude, das unmittelbar am Personenbahnhof Hilbersdorf steht, waren vor dem Jahreswechsel schon Handwerker aktiv. Die Wände des 43 Meter langen Quer-Baus, der früher sechs Rangiergleise überspannte und in den 13 Jahren seit der Einstellung des Güterverkehrs in Chemnitz völlig verfallen ist, wurden bereits neu verkleidet und gestrichen, der Fußboden neu belegt. "Wir mussten ja die Fördermittel bis zum Jahresende so sinnvoll wie möglich verwenden", erklärt Vogel die Eile.

Als nächstes wollen die Vereinsmitglieder jetzt dem Stellwerk sein Innenleben zurückgeben. Alte Schaltpulte und Lampen, die zum Glück noch erhalten sind, werden originalgetreu aufgearbeitet. Weitere Exponate für die geplante Dauerausstellung in dem Gebäude wollen sich die Eisenbahnfreunde aus den Stellwerken beschaffen, die mit dem zurzeit laufenden Umbau des Hauptbahnhofes überflüssig werden. Zur Museumsnacht am 8. Mai soll das Denkmal erstmals öffentlich zugänglich sein. Außerdem planen die Initiatoren einen Verkehrsgarten mit Signalen und Zeichen der Eisenbahn.

Besondere Attraktion des Themenparks soll ein funktionstüchtiger Abschnitt der einstigen, unter dem Stellwerk hindurchführenden Seilablaufanlage werden. "Die für den Ablauf vorbereiteten Güterzüge wurden mittels Zugseilen bewegt. Je zwei waren, wie bei einer Standseilbahn, über die Antriebsmaschine und einen Turm des Spannwerkes verbunden", erklärt Jochen Schubert, stellvertretender Vereinsvorsitzender. In Richtung Hauptbahnhof rollten die Waggons allein. Auf zwei, je etwa 40 Meter langen Gleisen wollen die Eisenbahnfreunde einmal mit zwei Waggons den Besuchern demonstrieren, wie das funktionierte. "Um dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen, benötigen wir aber noch weitere großzügige Unterstützung", sagt Schubert.

Ebenfalls noch ein Traum der derzeit 22 Vereinsmitglieder ist es, ihr Denkmal eines Tages mit dem Sächsischen Eisenbahnmuseum zusammenführen zu können, das sich ein Stück weiter in Richtung Niederwiesa befindet. Denn die Eisenbahnfreunde Richard Hartmann waren früher der Förderverein des Museums, bis die Mitglieder des Trägervereins des Museums Ende 2007 wegen Meinungsverschiedenheiten die Zusammenarbeit mit knapper Mehrheit beendeten.

Stichwort: Rangierbahnhof Chemnitz-Hilbersdorf

Weil die Kapazitäten am heutigen Hauptbahnhof und in Kappel für den zunehmenden Schienen-Güterkehr nicht mehr ausreichten, entstanden Ende des 19. Jahrhunderts Pläne für einen eigenständigen Rangierbahnhof an der Strecke Dresden-Werdau. Die Bauarbeiten in Hilbersdorf begannen im November 1896. Am 2. Juli 1902 ging der neue Verschiebebahnhof - so die damalige Bezeichnung - offiziell in Betrieb.

Auf dem so genannten Gefällebahnhof wurden die ankommenden Züge auf dem Ablaufberg von der Lok entkuppelt und dann langsam die sechs Ablaufgleise herunter gelassen. Ab 1930 wurde dafür die so genannte Seilablaufanlage eingesetzt, die ablaufende Wagen nach Bedarf abbremsen konnte und so zahlreiche Wagenbremser ersetzte. Die flachen Brems-Wagen, die zwischen den Schienen auf- und abgezogen wurden, "bimmelten" aus Sicherheitsgründen ständig. Zahlreiche Scheinwerfer beleuchteten nachts die Anlage. Vor der ersten Sortierweiche wurden die Wagen einzeln abgetrennt und auf drei großen Rangiergleisgruppen zu neuen Güterzügen in Richtung Dresden, Zwickau und Leipzig sowie der abzweigenden Nebenstrecken zusammengestellt.

Im Bereich der damaligen Deutschen Reichsbahn war der Rangierbahnhof Karl-Marx-Stadt-Hilbersdorf hinter Dresden-Friedrichstadt und Erfurt der drittgrößte. In den 1980-er Jahren liefen täglich bis zu 3000 Wagen über den Ablaufberg. Weil der Eisenbahngüterverkehr drastisch zurückging, wurde der Rangierbahnhof zum Jahresende 1996 geschlossen. (MIB)

Quelle: http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Rangierbahnhof-bekommt-ein-Denkmal-artikel1652891.php

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